chälrüti dokumentiert 20 Minuten eines Montagmorgens im Winter 2019 am gleichnamigen Aussichtspunkt am Brünigpass. Es ist ein fotografischer Seitenblick auf ein mir unverständliches Phänomen sowie den Chälrütirank ( webcam) als Ort, der es in meiner unmittelbaren Umgebung zu Tage fördert. Er ist seit jeher ein beliebter Stopp für (Selfie-) Touristen – inklusive haarsträubenden Brems- und Strassenquerungsmanövern. Schliesslich lockt die Aussicht auf einen der am häufigsten auf Social-Media geposteten Seen der Schweiz. [01] 

Anhalten und die Aussicht geniessen, einverstanden, doch weshalb in der Blütezeit des Individualismus alle ständig und immer Dasselbe festhalten und auf Social-Media teilen ... rätselhaft. 

Eine mögliche Klärung ergibt sich Jahre später im Zuge der Übertourismus-Diskussion: «Es geht um die Selbstdarstellung für die zu Hause Gebliebenen. Dies gilt auch für junge Menschen in entwickelten Ländern wie für neu reisende Menschen in Ökonomien, die sich entwickeln. Ich denke da an Inder und Chinesen, die erstmals nach Übersee und damit nach Europa reisen. Sie wollen sicherstellen, dass ihre Bezugsgruppen zu Hause wissen, wo man war - nämlich an den ‘richtigen’ Orten.» Dies bietet Christian Laesser, Professor für Tourismus und Dienstleistungsmanagement an der Universität St. Gallen, als Antwort an. [02]


[01] Festgehalten auf zwei Rollen film (6x7) à total 20 Aufnahmen
[02] «Warum wollen wir dorthin, wo schon alle waren?» , NZZ am Sonntag, 22.07.2023

11–11–2019 
freie Arbeit